Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung durch einen Verwertungsverein – Urteil des polnischen Obersten Gerichts
Die Stellung der Verwertungsgesellschaften gegenüber den gewerblichen Nutzern, wird in Polenzunehmend zum Gegenstand zahlreicher Kontroversen. Diese werden nicht nur durch eine wissenschaftliche Debatte sondern immer häufiger durch gerichtliche Streitigkeiten widerspiegelt, die von den bzw. gegen die Verwertungsgesellschaften geführt werden. Darin sind auch Kartellthemen anwesend.
Die aktuelle Regelung über die kollektive Wahrnehmung von Urheberrechten oder verwandten Schutzrechten – vgl. das polnische Gesetz über das Urheberrecht und verwandte Schutzrechte vom 4. Februar 1994 (der Text: ISAP), darunter insbesondere die Problematik der Festlegung der Vergütungen für die Nutzung der Werke auf verschiedenen Nutzungsgebieten – schient nicht ideal zu sein. In der letzten Entscheidung des polnischen Obersten Gerichts (Az. III CSK 36/16) wird auf die Schwierigkeiten bei der rechtlichen Würdigung der Beziehungen zwischen den Verwertungsgesellschaften und den Nutzern der geschützten Werke hingewiesen, insbesondere im Zusammenhang mit der gesetzlichen Zwangsvermittlung der Verwertungsgesellschaften auf der Linie Nutzer – Urheber.
Der von der Verwertungsgesellschaft beim Obersten Gericht erhobene Kassationsklage ging ein Verfahren voraus, das von einer Rundfunkanstalt gegen die Verwertungsgesellschaft eingeleitet wurde. Sein Gegenstand war die Festlegung der rechtlichen Beziehung zwischen dem Sendeunternehmen und der Verwertungsgesellschaft wegen der Kündigung des mit dem Sendeunternehmen geschlossenen Vertrags über die Nutzung von Tonträgern, mit deren Wahrnehmung die Verwertungsgesellschaften beauftragt wurden.
Die Gerichte höherer Instanzen stellten fest, dass durch eine derartige Vertragskündigung gegen gesetzliche Regelungen verstoßen worden sei. Ihre Entscheidungen waren vor allem auf das polnische Urheberrecht gestützt. Was besonders interessant ist, wurde die Vertragskündigung durch die Verwertungsgesellschaft zudem als Anzeichen für den Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung erklärt. Demzufolge wurde ihre Nichtigkeit gem. Art. 58 § 1 poln. Zivilgesetzbuch i.V.m. Art. 9 Abs. 3 Gesetz über Wettbewerbs- und Verbraucherschutz vom 16. Februar 2007 festgestellt (der Text: ISAP)
Siehe auch unter AKTUELLES: Missbräuchliche Klausel im vorformulierten Standardvertrag…